„Hier kann ich mir ein eigenes Forschungsprofil aufbauen“


Autor*in: Hanna Metzen

Pflanzen passen ihr Verhalten an den Rhythmus von Tag und Nacht an: Wie diese innere Uhr auf molekularer Ebene funktioniert, untersucht die Österreicherin Dr. Marlene Reichel an der Universität Bielefeld. Für ihr Forschungsprojekt in der Arbeitsgruppe „RNA Biologie und Molekulare Physiologie“ hat sie nun ein Humboldt-Forschungsstipendium für Postdoktoranden erhalten. Drei Fragen an die Molekularbiologin.

Worum geht es in Ihrem Forschungsprojekt?

Ich beschäftige mich auf molekularer Ebene mit der inneren Uhr von Pflanzen. Die innere Uhr beeinflusst zum Beispiel, zu welcher Tageszeit eine Pflanze am stärksten wächst oder wann sie Photosynthese betreibt ­– und erlaubt es den Pflanzen dadurch, ihren Stoffwechsel an ihre Umgebung anzupassen. Ich untersuche spezielle Proteine, die an die RNA – die einzelsträngige Kopie der DNA – gebunden sind. Solche RNA-Bindeproteine sind für die innere Uhr wichtig, aber sie sind noch vergleichsweise wenig erforscht. In meinem Projekt versuche ich daher, eine Methode zu entwickeln, mit der die Bindeproteine von spezifischen RNA-Molekülen identifiziert werden können. Dazu werden die RNA-Moleküle zuerst isoliert und die daran gebundenen Proteine dann identifiziert. Im nächsten Schritt kann man untersuchen, wie diese Proteine die RNA-Moleküle regulieren und welche biologische Funktion das hat.

Welche Möglichkeiten bietet Ihnen das Humboldt-Forschungsstipendium?

Durch das Humboldt-Forschungsstipendium bekomme ich mehr wissenschaftliche Unabhängigkeit. Mein Projekt habe ich mir selbst ausgesucht und kann daran zwei Jahre lang arbeiten – so kann mich ganz auf die Forschung konzentrieren. Das Stipendium gibt mir die Möglichkeit, ein eigenes Forschungsprofil aufzubauen. Das ist zum Beispiel wichtig, wenn ich irgendwann meine eigene Arbeitsgruppe leiten möchte.

Warum haben Sie sich entschieden, an der Universität Bielefeld zu forschen?

Ich habe mich schon in meiner Doktorarbeit mit RNA-Bindeproteinen beschäftigt. Dabei habe ich allerdings keine spezifischen RNA-Moleküle isoliert, sondern die Proteine auf globaler Ebene identifiziert. Das Projekt, das ich an der Universität Bielefeld durchführe, ist daher eine logische Weiterentwicklung meiner Doktorarbeit. Gerade die Forschungen der Arbeitsgruppe „RNA Biologie und Molekulare Physiolo­gie“ passen sehr gut zu meinem Projekt: Meine Kolleginnen und Kollegen beschäftigen sich ebenfalls mit der Charakterisierung von RNA-Protein-Interaktionen.

Dr. Marlene Reichel hat Biotechnologie in Wien (Österreich) und Canberra (Australien) studiert. 2016 hat sie ihre Promotion an der Australian National University in Canberra abgeschlossen und danach an der ETH Zürich (Schweiz) gearbeitet. Seit Oktober 2018 forscht sie an der Universität Bielefeld in der Arbeitsgruppe „RNA Biologie und Molekulare Physiologie“, die von Professorin Dr. Dorothee Staiger geleitet wird. Mit dem Humboldt-Forschungsstipendium für Postdoktoranden fördert die Alexander von Humboldt-Stiftung besonders qualifizierte Nachwuchswissenschaftler*innen aus dem Ausland. Die Finanzierung des Projekts hat im Januar 2020 begonnen und läuft zwei Jahre.