Der Tag danach: Jubiläumskonferenz zur Zukunft der Theorien


Autor*in: Hanna Metzen

Wie verändern Digitalisierung und Big Data die Grundlagen der Wissenschaft? Über diese Frage wurde vergangenen Donnerstag und Freitag auf der Jubiläumskonferenz der Universität Bielefeld diskutiert, an der rund 300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler teilgenommen haben. Der Titel der Konferenz: „Die theoretische Universität im Zeitalter der Daten. Haben sich die großen Theorien überlebt?“ Vorangegangen war am Donnerstag die Studierendenkonferenz, auf der Studentinnen und Studenten der Universität Bielefeld vor etwa 250 anderen Teilnehmenden ihre Forschungsprojekte präsentierten.

Den Auftakt der Jubiläumskonferenz am Donnerstagabend bildete die Keynote von Professor Dr. Robbert Dijkgraaf, Direktor am Institute for Advanced Study in Princeton (USA) und Wissenschaftler an der Universiteit van Amsterdam (NL). Der Stringtheoretiker sprach über „The Usefulness of Useless Knowledge and the Importance of Basic Research“. Technologische Entwicklungen wie Computer oder Laser seien ohne Grundlagenforschung nicht denkbar, so Dijkgraaf. Und diese Technologien könnten selbst wieder zur Entdeckung oder Bestätigung neuer Theorien führen – wie zum Beispiel beim Nachweis des Higgs-Bosons am CERN. Forschung sei heute eine kollektive Tätigkeit, zu der viele verschiedene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beitragen würden: „Theorien sind komplexer geworden, aber auch einflussreicher.“

Die Philosophieprofessorin Dr. Nancy Cartwright von der Durham University (GB) und der UC San Diego (USA) begann den zweiten Konferenztag am Freitagmorgen mit ihrer Keynote „Why Big Theories are Here to Stay“. Große Theorien seien wichtig, sagte Cartwright. Sie würden nur nicht alleine ausreichen: „Die Quantentheorie hilft mir nicht, wenn ich einen Laser bauen möchte. Wir brauchen viele verschiedene Formen von Theorien, mit unterschiedlichen Reichweiten.“

Disziplinübergreifende Diskussionsrunde

Anschließend diskutierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in vier parallelen Panels, ob Digitalisierung und Big Data die Grundlagen der Wissenschaften verändern. Ihre Ergebnisse trugen Vertreterinnen und Vertreter der Panels in einer Diskussionsrunde zusammen: Professor Dr. Armin Gölzhäuser von der Fakultät für Physik, Professor Dr. Tobias Werron von der Fakultät für Soziologie, Professorin Dr. Angelika Epple Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie, Professor Dr. Carlos Spoerhase von der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft sowie Professor Dr. Carlo Beenakker von der Universität Leiden (NL) sprachen dort über „The Role of Theory in Different Disciplines“.

Die Diskussion machte deutlich, dass sich in den verschiedenen Disziplinen schon das Verständnis davon, was eine Theorie ist, unterscheidet. „Theorien bilden in der Physik ein solides Fundament, auf das wir uns verlassen können“, sagte Gölzhäuser. In der Soziologie würden Theorien hingegen eher die Sichtweise eines Forschenden steuern und diese nach außen kenntlich machen, so Werron. Zudem sprachen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch über die Rolle der neuen Technologien in den verschiedenen Disziplinen: Diese würde zwar das Methoden-Repertoire erweitern, aber es sei nicht unbedingt klar, was die Algorithmen eigentlich tun. „Computer sind eine Art Black Box“, sagte Beenakker. Sie bekämen Input, werteten diesen aus und lieferten ein Ergebnis – ohne dieses zu begründen. „Wie ein Orakel“, so Beenakker.

Zum Abschluss der Jubiläumskonferenz befassten sich Professor Dr. Robbert Dijkgraaf, Professor Dr. Dieter Imboden von der ETH Zürich, Professorin Dr. Ada Pellert von der Fernuniversität Hagen, die Bremer Politikerin Professorin Dr. Eva Quante-Brandt und Professor Dr.-Ing. Gerhard Sagerer, Rektor der Universität Bielefeld, mit der Frage „Wie die Wissenschaft im Zeitalter der Daten steuern? Good Governance vs. Ökonomisierung“.

Studierende machen Wissenschaft

Vorangegangen war am Donnerstag bereits die Studierendenkonferenz der Universität Bielefeld. Über 30 Studierende aus verschiedenen Fachbereichen präsentierten dort ihre Forschungsprojekte vor rund 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, von Slasher Movies bis Massenspektrometrie. Weitere Bilder und Geschichten zur Studierendenkonferenz gibt es auf Instagram und Facebook.