Die Uni rockt das Campus Festival
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Source: Universität Bielefeld, Campus TV
Nach der ersten Ausgabe war klar: Das Campus Festival ist ein Erfolgsrezept. Die Kooperation zwischen der Bielefelder Agentur Vibra, der Universität, der Fachhochschule und Bielefeld Marketing machte sich schnell einen Namen. Das Line-Up der ersten Ausgabe konnte sich direkt sehen lassen: Alligatoah, AnnenMayKantereit, Gentleman und Thees Uhlmann waren die Stars des Festivals. Nach den Konzerten konnte auf den beiden DJ-Bühnen in der Mensa bis zum frühen Morgen weitergetanzt und -gefeiert werden.
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Source: Universität Bielefeld, Campus TV
Auf der Rasenfläche zwischen dem Universitätshauptgebäude und Gebäude X sind neben der Hauptbühne jedes Mal weitere Veranstaltungsflächen vorgesehen. Auf der Hertz 87.9-Bühne treten lokale Künstlerinnen und Künstler auf, auf der Slam-Bühne findet ein Singer-Songwriter-Contest statt, auf dem Elektro-Floor wird wild getanzt. Ein besonderes Highlight bot die dritte Ausgabe 2017, als der gebürtige Lipper Casper, der auch an der Universität Bielefeld studierte, auf der Hauptbühne auftrat.
Massenandrang: Doppel-Abi in NRW
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Fotografin: Norma Langohr
Quelle: Universität Bielefeld
In ganz NRW nahmen rund 111.000 „Erstis“ ihr Studium auf, was einen Anstieg von ca. zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutete. Insgesamt war dieser Anstieg allerdings geringer als befürchtet, da viele Abiturientinnen und Abiturienten ihren Studienbeginn durch Freiwilligendienste oder Auslandsaufenthalte bewusst nach hinten verlegten. In Bielefeld konnte der zusätzliche Ansturm durch Hörsäle und Seminarräume im neuen Gebäude X und durch die Anmietung einiger Kinosäle im Innenstadtbereich für Vorlesungen bewältigt werden.
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Quelle: Universität Bielefeld
Entwicklung der Studierendenzahlen
Ursprüngliche Planungen für die Bielefelder Reformuniversität sahen 3.000 Studierende vor. Bereits zwischen 1970 und 1973 wurden die Planzahlen für die Studierenden in der Bundesrepublik verdoppelt, sodass Bielefeld auch eine „Entlastungsfunktion“ übernehmen musste und als Zielzahl 10.000 Studierende zugewiesen bekam. Die Situation in Bielefeld verschärfte sich durch die Integration der Pädagogischen Hochschule 1980, als die Studierendenzahlen erstmals auf über 10.000 anstiegen, die Zahl der Professorinnen und Professoren jedoch konstant blieb bzw. Stellen sogar abgebaut wurden. Eine Privilegierung der Forschungsuniversität Bielefeld ließ sich unter den politischen Vorgaben und gegen den Widerstand anderer Hochschulen nicht durchsetzen. Nach und nach stiegen die Studierendenzahlen weiter bis auf über 24.000. Die Bielefelder Universität hat sich dennoch ihren Reformwillen und ihre Reformfähigkeit seit der Gründungsphase bewahrt.
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Quelle: Statistisches Jahrbuch der Universität Bielefeld 2017
Poesie im Uni-Hörsaal
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Fotograf: Jochen Kopp
Quelle: Universität Bielefeld
Bereits die erste Ausgabe wurde aufgrund des Menschenandrangs von Hörsaal 12 in den größeren Hörsaal 1 verlegt. Nachdem hier auch die Treppen vollkommen belegt waren, musste das Campus-TV-Team die Türen schließen und einige Leute nach Hause schicken. Die Stimmung unter den in jeder Ecke des Saals sitzenden und stehenden 500 Zuhörerinnen und Zuhörern steigerte sich mit jedem Vortrag, bei Themen wie WG-Suche und Diätcamps, Kaffeesucht und Archebau oder Hochzeitsbesuch und Dorfleben.
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Quelle: Universität Bielefeld, Campus TV
Moderiert wurden die ersten zehn Ausgaben von Sven Stickling und Nico Bein, zwei renommierten Slammern aus OWL. Seit der dritten Ausgabe findet der Hörsaalslam im Audimax statt, in dem etwa 1.000 Leute Platz finden. Trotzdem kommt es regelmäßig vor, dass der Hörsaal voll ist und Einzelne nicht mehr eingelassen werden können. Das Line-Up ist jedes Mal herausragend, sodass über die Jahre viele deutschsprachige Slamgrößen in Bielefeld zu Gast waren. Darunter waren etliche Gewinner der deutschsprachigen Meisterschaften, u.a. Jan Philipp Zymny, Patrick Salmen und Sebastian23.
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Quelle: Universität Bielefeld, Campus TV
„One Day“ bleibt keine Eintagsfliege
Eine Besonderheit hielt der 5. Hörsaalslam bereit – allerdings erst im Nachgang. Wie immer wurden die Slam-Beiträge von Campus TV gefilmt und auf Youtube online gestellt. Der Beitrag der Bremerin Julia Engelmann mit dem Titel „One Day/Reckoning (Eines Tages Baby werden wir alt sein)“ ging in der Folge viral und wurde zum meistgeklickten deutschsprachigen Youtube-Video des Jahres. Doch nicht nur durch diesen Auftritt hat sich der Wettstreit junger Dichterinnen und Dichter in Bielefeld etabliert.
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Fotograf: Jochen Kopp
Quelle: Universität Bielefeld
Zum 40-jährigen Jubiläum: Besetzung des Audimax
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Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, PL1/324
Nach mehreren Aufforderungen zur Räumung durch Rektor Prof. Dr. Gerhard Sagerer rief die Hochschulleitung am Morgen des 13. November die Polizei – doch da war der Audimax bereits verlassen. Die Besetzerinnen und Besetzer waren durch „Wachposten“ gewarnt worden und hatten vor dem polizeilichen Zugriff das Audimax geräumt.
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Fotografin: Miriam Scharlibbe
Quelle: Neue Westfälische
Am 17. November folgte eine Demonstration mit 1.000 Teilnehmenden am Bielefelder Rathausplatz als Teil des bundesweiten Bildungsstreiks. Im Anschluss an die Demonstration marschierten etwa 300 Studierende zur Universität und störten dort durch massiven Lärm den Festakt zum 40-jährigen Jubiläum der Universität, der im Audimax stattfand. Die Veranstaltung wurde abgebrochen und die Gäste mussten das Audimax schließlich unter Polizeischutz verlassen. Rektor Sagerer wand sich in der Universitätshalle an die Demonstrierenden und signalisierte Gesprächsbereitschaft zu den angesprochenen Themen. Nach einigen Gesprächsrunden beruhigte sich die aufgeheizte Situation in Bielefeld und auch bundesweit.
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Fotografin: Norma Langohr
Quelle: Universität Bielefeld
„Wir wohnen jetzt hier!“ – Rektoratsbesetzung als Reaktion auf Studienbeiträge
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Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, PL 1/260
Bielefelder Gegner der Studienbeiträge hatten im Frühjahr 2006 im Nachgang zu einer Senatssitzung im Audimax die Räumlichkeiten des Rektorats besetzt und unter anderem im Amtszimmer von Rektor Prof. Dr. Dieter Timmermann campiert, zudem kam es im Gebäude der Universität zu Vandalismus und bei einer Rangelei wurde einem Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes ein Generalschlüssel gestohlen.
Ziel von Rektorats war es durch die zusätzlichen Finanzmittel die Qualität von Studium und Lehre verbessern. Am 13. Juli 2006 beschloss der Senat der Universität Bielefeld schließlich ungeachtet aller Proteste die Einführung von Studienbeiträgen. Gleichzeitig wurde eine Staffelung eingeführt. Je länger Studierende eingeschrieben seien, desto weniger sollten sie zahlen, da sie von den Verbesserungen in Studium und Lehre weniger profitierten als Studienanfänger.
Die gestaffelten Studienbeiträge in Bielefeld mussten allerdings nach einem knappen Jahr neu festgelegt werden. Im Rahmen einer Musterklage einer Studentin gegen ihren Zahlungsbescheid prüfte das Verwaltungsgericht Münster auch die gestaffelten Studienbeiträge an der Bielefelder Universität und entschied, dass die Staffelung gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße. Als Reaktion verabschiedete der Senat der Universität eine neue Beitragssatzung mit Studienbeiträgen von 350 Euro für alle Studierenden.
Die Studienbeiträge in Nordrhein-Westfalen wurden nach einem Regierungswechsel zum Wintersemester 2011/12 wieder abgeschafft.
Die Uni geht on air – Hertz 87.9 startet auf eigener Frequenz
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Fotograf: Klaus Halbe
Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FOS 01654
Das Projekt Uni-Funk wurde von der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft (LiLi), der Fakultät für Pädagogik und dem Rektorat ins Leben gerufen, zunächst als regelmäßige Sendung im Bürgerfunk bei Radio Bielefeld, die im Tonstudio der LiLi-Fakultät produziert wurde. Bis 1995 wurden so 21 Sendungen zu verschiedensten Themen, wie z.B. zu Luhmanns Theorien, zum erweiterten Semesterticket oder zur Burschenschaft Normannia Nibelungen ausgestrahlt. Ab 1995 ermöglichte eine Gesetzesänderung in NRW, dass Mitglieder von Hochschulen nichtkommerzielle Radiosender betreiben dürfen.
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Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, TDS 152
In den Jahren ab 1995 bemühten sich Mitglieder des Uni-Funk-Projektes verstärkt darum, Geldgeber zu finden, um die Finanzierung eines Radiosenders sicherzustellen. Die Westfälisch-Lippische Universitätsgesellschaft stellte 10.000 Mark für die Anschaffung der Studioausrüstung zur Verfügung. Dies war der Startschuss für Hertz 87.9, der nach mehrjähriger Planungsphase seit Dezember 2000 auf Sendung ist.
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Fotografin: Norma Langohr
Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FOS 01659
Getragen wird das Bielefelder CampusRadio von einem Verein namens Hertz 87.9 e.V., dem die Universität, die Fachhochschule Bielefeld und der AStA der Universität sowie der Fachhochschule Bielefeld angehören. Maßgeblich verantwortlich für die Organisation des Senders und des Programms ist jedoch ein studentisches Redaktionsteam mit einer Chefredaktion an der Spitze. Die Mehrheit des Teams arbeitet ehrenamtlich für den Sender. Gleichzeitig ist Hertz 87.9 ein Ausbildungsradio: In Praktika und Seminaren werden die Basics des Radiojournalismus an Neulinge vermittelt. Studierende, Schülerinnen und Schüler können außerdem bei Hertz 87.9 ein von Fakultäten der Universität und Berufsschulen anerkanntes Praktikum absolvieren. Finanziert wird Radio Hertz durch Semesterbeiträge der Studierenden.
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Quelle: Universität Bielefeld, Campus TV
teutolab-Chemie – das Original! Seit 2000 Prototyp deutscher Schülerlabore
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Quelle: Universität Bielefeld
Eine Win-win-Situation
Die Idee war so einfach wie genial. Die naturwissenschaftlichen Fakultäten profitieren, indem sie Schülerinnen und Schüler, die an interessanten und forschungsnahen Experimenten teilnehmen, die Scheu vor den vielleicht ungeliebten Naturwissenschaften nehmen und so eine langfristige Nachwuchssicherung betreiben können. Die kooperierende Wirtschaft profitiert mittelfristig von dieser positiven Nachwuchssicherung. Die Schulen profitieren dadurch, dass sie ihren Schülerinnen, Schülern und Lehrkräften trotz geringer finanzieller Mittel für die vergleichsweise teuren Fächer didaktisch begleitet anschaulichen Unterricht ermöglichen können. Die Lehramtsstudierenden profitieren dadurch, dass sie bereits während des Studiums Gelegenheit erhalten, ihre didaktischen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen.
Das teutolab-Netzwerk
Schon bald nach der Gründung des teutolab-Chemie war abzusehen, dass das Mitmachlabor an der Fakultät für Chemie den großen Andrang der Schulen mit den vergleichsweise geringen Kapazitäten an der Universität – seit Gründung sind insgesamt annähernd 100.000 Teilnehmende zu verzeichnen – nicht würde bewältigen können. Die Folge war, dass im Jahr 2002 das teutolab-Netzwerk mit Schulen gegründet wurde, die sich als Satellitenlabore vor Ort zur Verfügung stellen. Das Netzwerk – vom Stifterverband für die deutsche Wissenschaft ausgezeichnet – umfasst Schulen in der gesamten Region, aber auch in ganz Nordrhein-Westfalen. Selbst in Berlin und sogar im Ausland sind Satellitenlabore entstanden und tragen dazu bei, dass die teutolabs der Universität Bielefeld eine Erfolgsgeschichte bleiben.
Die teutolab-Familie an der Universität Bielefeld
Mittlerweile existieren weitere teutolab-Angebote im naturwissenschaftlich-mathematischen Bereich der Universität: Der Gründung des teutolab-Chemie folgte die Gründung des teutolab-Physik 2003, des teutolab-Mathematik 2005, des teutolab-robotik am Research Institute for Cognition and Robotics (CoR-Lab) in Kooperation mit dem Exzellenzcluster „Cognitive Interaction Technology“ (CITEC) 2009 und schließlich des teutolab-Biotechnologie 2011. Das Angebot gilt dabei für alle Jahrgangsstufen und Schulformen und beinhaltet auch Aktivitäten für spezielle Zielgruppen, zum Beispiel Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen oder besonderen Begabungen.
(Party-)Alarm bei der Westendparty
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Fotografin: Norma Langohr
Quelle: Universität Bielefeld
Organisiert hatten die damals „größte Semester-Start-Party, die es in Bielefeld je gegeben hat“, wie die Neue Westfälische berichtete, Uni-Funk (heute Hertz 87.9) und der Mobilfunkanbieter Mobilcom. Drei DJs sorgten für gute Stimmung auf den Dancefloors, allerdings waren viele Gäste, darunter insbesondere Studierende, verärgert. Die „Kommerzialisierung studentischer Festkultur“ wurde besonders vom AStA auf einem Flugblatt vom 11. Mai angeprangert, ebenso wie das sehr harsche Eingreifen des Sicherheitspersonals. Studierenden, Mitarbeitenden und Besucherinnen und Besuchern wurde der Zugang zu Toiletten, Bibliothek, Schließfächern und Büros verwehrt, teilweise auch unter Einsatz von körperlicher Gewalt.
Die Antwort vonseiten des Uni-Funks folgte eine Woche nach der Party mit einer umfassenden Entschuldigung: „Der Erlös sollte und wird ausschließlich dem Projekt Campus-Radio, d.h. der Errichtung eines Hochschulradios mit eigener Frequenz und täglichem Liveprogramm, zugutekommen.“ Man räumte ein, dass es ein Fehler gewesen sei, die Ankündigungsplakate zur Party ohne das erstmalig erhobene Eintrittsgeld zu drucken und dass die Auswahl des Sicherheitspersonals nicht gewissenhaft genug erfolgt sei. Um dieses Negativbeispiel nicht zu wiederholen und weitere Parties dieser Größenordnung nicht zu gefährden, tauschten sich Vertreterinnen und Vertreter von Uni-Funk, Universitätsverwaltung und AStA im Vorfeld der folgenden Westendparties einmalig aus
In der Folgezeit fand bis zum 10. April 2014 die Westendparty jeweils zu Semesterbeginn in der Universitätshalle statt und war mit bis zu 10.000 Gästen deutschlandweit eine der größten Feiern in geschlossenen Räumen. Nach einer vierjährigen Unterbrechung lebt die Marke Westendparty seit Februar 2018 wieder auf. Für die Zeit der Sanierung des Universitätshauptgebäudes findet sie ein neues Zuhause im Lokschuppen Bielefeld. Dabei wird der Transfer zur Universität durch Shuttle Busse gewährleistet und der Eintritt ist zwanzig Jahre nach der Aufregung um die Kommerzialisierung der Westendparty wieder frei.
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Quelle: Universität Bielefeld, Campus TV
Anfänge der Westendparty
Zurück geht die legendäre Party auf ein tragisches Unglück: 1982 verunglückt ein Mitglied der damaligen Hochschul-Fußballmannschaft bei einer privaten Ski-Freizeit. Um die Eltern des verstorbenen Mannschaftskollegen zu unterstützen, kamen seine Freunde auf eine Idee: Sie organisierten eine Party zu Ehren ihres Kollegen, deren Erlös komplett an seine Eltern gespendet wurde. Trotz chaotischer Planung wurde die Feier unter dem Namen „Super-Gala des guten Geschmacks“ mit 2.000 Besucherinnen und Besuchern ein riesiger Erfolg. Den Namen Westendparty verdankt sie dem Ort, an dem am 26. Januar 1983 das DJ-Pult aufgebaut wurde.
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Fotograf: Ulrich Staub
Quelle: Thomas Krieg
„Lucky Streik“ – Die Reform-Uni wird beerdigt
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Fotograf: unbekannt
Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FOS 01744
Erstmals in der bundesdeutschen Geschichte und heute selbstverständlich sorgten „computervermittelte Kommunikationsstrukturen“ für einen ungeahnten Mobilisierungsschub. Mail-Netzwerke wurden aufgebaut und „Streik Sites“ nahezu minütlich aktualisiert. Doch auch analog war der Protest sehr kreativ: Anlässlich der Beerdigung der Reform-Uni Bielefeld wurde ein Sarg durch die Stadt transportiert, der an der Seite eine „Bildungslücke“ aufwies. Dieser Sarg tourte zur Untermalung der Studierendenproteste durch die ganze Bundesrepublik.
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Fotograf: unbekannt
Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FOS 01745
In Bielefeld entstand so der bis dahin größte Studierendenprotest. Nach Veranstalterangaben zogen am 2. Dezember nahezu 10.000 Studierende, Schülerinnen und Schüler von der Universität zum Rathaus, die Stimmung – laut AStA – war „chaotisch, wild, wunderbar und irre gut“. Nach Statements aus der Politik, sich um eine bessere Ausstattung der Hochschulen kümmern zu wollen, hatten die Protestbefürwortenden in der Vorweihnachtszeit allerdings Schwierigkeiten, die zunehmende Passivität vieler Studierender zu durchbrechen.
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Fotograf: unbekannt
Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FOS 01738
Nach dem Rausch die Ernüchterung
Auch wenn der Streik am 15. Dezember (allerdings nur mit knapper Mehrheit in einer studentischen Vollversammlung) noch einmal verlängert werden konnte, sorgte die Weihnachtspause endgültig für das Abebben des Elans. Am 5. Januar wurde der Streik für beendet erklärt. Zwar konnte keine der zentralen Forderungen durchgesetzt werden, aber laut Organisationskomitee habe sich der Streik trotzdem gelohnt, weil man die Öffentlichkeit für die derzeitigen Missstände in der Universität habe sensibilisieren können. Die nahezu unmittelbar danach stattfindenden Wahlen zum Studierenden-Parlament zeigten jedoch, dass die heiße Vorweihnachtszeit nur ein flüchtiger Rausch gewesen war und keine dauerhafte Mobilisierung stattgefunden hatte. Die Wahlbeteiligung sank auf bescheidene 12,75 %, und auch das Kreuzchen wurde annähernd wie im Vorjahr gesetzt. Einzig die Liste „No Smoke“ erreichte mit 10 % neu den Einzug ins StuPa und half so, später eine rauchfreie Halle durchsetzen.
Viel Ehre für die Lehre – Erstmalige Vergabe des Karl Peter Grotemeyer-Preises
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Fotograf: Manfred Kettner
Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FOS 00591
Der Namensgeber
Professor Karl Peter Grotemeyer (1927-2007) war vom 5. März 1970 bis zum 30. September 1992 Rektor der Universität Bielefeld. Er gilt mit dieser Amtszeit als bislang dienstältester Rektor der Bundesrepublik, der neben den vielfältigen Belastungen an der Spitze der Universität ein begeisterter und begeisternder Hochschullehrer war. Auch während seiner Amtszeit als Rektor ließ er es sich nicht nehmen, Vorlesungen zu halten und Generationen von Studierenden selbst zu prüfen. Dies nahm die Universitätsgesellschaft zum Anlass, den Preis nach dem ungemein populären Rektor und Hochschullehrer zu benennen. Bereits seit Anfang der 1980er Jahre förderte sie Forschungsleistungen des wissenschaftlichen Nachwuchses durch die Auslobung von Dissertations- und Habilitationspreisen, nun kam der Lehrpreis neu hinzu.
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Fotografin: Normal Langohr
Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FOS 01330
Das Verfahren
Der Preis soll Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern der Universität Bielefeld, die nicht älter als 45 Jahre sind, verliehen werden, wobei alle Studierenden der Universität Bielefeld Vorschläge einreichen können. Die Jury bilden fünf Studierende, drei Lehrende, ein Mitglied der Universitätsgesellschaft sowie das Prorektorat für Studium und Lehre. Vorgeschlagen werden sollen Lehrende, denen es in besonderer Weise gelingt, die Studierenden zu motivieren, zu betreuen und zu unterstützen.
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Quelle: Universität Bielefeld
Die Preisträger
Die Lehrenden der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft wurden bislang am häufigsten mit dem Grotemeyer-Preis ausgezeichnet, doch verteilen sich die übrigen Preisträgerinnen und Preisträger nahezu gleichmäßig auf die anderen Fakultäten. Fast alle Grotemeyer-Preisträgerinnen und -Preisträger – bis dato 12 Frauen und 11 Männer – sind in Ihren akademischen Karrieren erfolgreich, ein Beleg dafür, dass die „Qualität der Lehre“ mittlerweile zur wissenschaftlichen Reputation beiträgt. Entweder wirkt der Preis an dieser Stelle karrierefördernd oder aber Qualität setzt sich schon bei der Preisverleihung durch.
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Fotografin: Norma Langohr
Quelle: Universität Bielefeld
Eine Besonderheit gab es im 40jährigen Jubiläumsjahr der Universität. Das Rektorat ermöglichte, dass jeweils ein Preis für die Fächergruppen Geistes-, Gesellschafts- und Naturwissenschaft ausgelobt werden konnte, um den Grotemeyer-Preis im Jubiläumsjahr noch einmal deutlich hervorzuheben.
„Grüne mit absoluter Mehrheit“ – Bundesdeutsches Novum bei Wahlen zum Studierendenparlament
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Fotograf: Klaus Halbe
Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FOS 01705
Mit der bundesdeutschen Einheit waren wesentliche Studierendengruppen der 1970er und 1980er Jahre von der Bildfläche verschwunden. Hochschulpolitisch war der Bologna-Prozess noch fern, wenn auch zunehmend über den Reformstau an den Hochschulen geklagt wurde. So verwundert es nicht, dass es im Vorfeld der Bielefelder Studierendenwahlen 1995 kaum Wahlkampf gab. Auch das Wahlprogramm der GHG bot zwar wichtige, aber nicht wirklich mitreißende Themen: Kontoführungsgebühren für Studierende bei der Sparkasse, die fehlende Kindertagessstätte an der Universität oder die unzureichende umweltorientierte Verkehrsanbindung (Stadtbahnlinie 4).
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Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FBS 36
Dennoch erzielte die GHG bei einer Wahlbeteiligung von 18,3 % und einem Stimmenanteil von 45 % insgesamt 15 der 29 Sitze im Studierendenparlament. Auch die mitunter schwierige Bildung eines AStA – quasi der vom Parlament gewählten Regierung – fiel leicht und so konnte nach rekordverdächtigen 20 Tagen bereits am 9. Februar 1995 der 22. AStA der Universität gewählt werden.
Fünf Jahre später übrigens konnten die Medien – nicht ganz zutreffend unter der Überschrift „Frauen regieren an der Uni“ – erneut ein Novum verkünden: die Bildung des NRW-weit ersten reinen Frauen-AStA.
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Fotografin: Norma Langohr
Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FOS 01122
Die Studierenden machen mobil – Einführung des Semestertickets
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Fotograf: Klaus Halbe
Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FOS 01173
Bereits seit Anfang der 1990er Jahre bemühte sich die AStA-Verkehrsgruppe stark um die Einführung eines Semestertickets für die Universität Bielefeld, mit dem Studierende öffentliche Verkehrsmittel günstig nutzen können sollten. 1992 konnte ein Semesterticket für das Tarifgebiet der Verkehrsgemeinschaft Ostwestfalen-Lippe (VOW) eingeführt werden, was für einen Großteil der Studierenden aber nicht den kompletten Weg zur Universität abdeckte: Das Ticket umfasste lediglich die Stadt Bielefeld und den Kreis Gütersloh.
Mit dem OWL-Semesterticket änderte sich dies. Die endgültige Vertragsunterzeichnung fand im Sommer 1993 als regionales Medienereignis in einem Sonderzug statt. Interessanterweise stellte die Einführung des erweiterten OWL-Semestertickets ein bundesdeutsches Novum dar. Zum ersten Mal stellte sich eine Kundengruppe im öffentlichen Nahverkehr ihr Ticket selbst zusammen.
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Fotograf: unbekannt
Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FOS 01172
Da die Stadtbahnlinie 4 erst im Jahr 2000 bis zur Universität verlängert wurde, musste der Busverkehr ausgeweitet werden. Auch darum machte sich die AStA-Verkehrsgruppe mit einer selbst geplanten Expressbuslinie verdient. Ende 1993 wurde die Verkehrsgruppe für ihre Arbeit mit dem Umweltpreis der Stadt Bielefeld ausgezeichnet.
Artikel aus der Bielefelder Universitätszeitung (BUZ) vom 16. Juni 1993 zur zweiten Abstimmung über das erweiterte Semesterticket, das mit einer großen Mehrheit angenommen wurde.Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, DS 002
Flugblatt „Semesterticket-News“ der Verkehrsgruppe Nr. 3 (Januar/Februar 1994) mit Informationen zum Erfolg des Semestertickets.Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FBS 35
„LPO ins Klo“ – Konfliktkultur made in Bielefeld
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Fotograf: unbekannt
Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FOS 01788
Die erste Novellierung des Hochschulrahmengesetzes – dessen Einführung 1976 schon große Proteste der Studierenden hervorgerufen hatte – führte u.a. verbindliche Zwischenprüfungen und Regelstudienzeiten ein und stärkte die Rolle der Professorinnen und Professoren in den universitären Gremien. Der Protest der Bielefelderinnen und Bielefelder führte letztlich nicht zur Verhinderung der Gesetzesnovelle, bestätigte aber die Streitbarkeit der hiesigen Studierenden. Häufig genug richteten sich die Proteste der Studierenden gegen die Landespolitik und somit auch gegen die Hochschulleitung. Rektor Prof. Dr. Karl Peter Grotemeyer suchte während seiner langen Amtszeit in der Regel den direkten Dialog und erklärte häufig auch Verständnis für die Haltung der Studierendenschaft.
Alle Hochschulangehörigen vereint
Im Sommer 1982 waren Studierende, Lehrende und Hochschulleitung sogar gemeinsam auf die Straße gegangen, um gegen angekündigte Sparmaßnahmen der Landesregierung im Hochschulbereich zu protestieren. Hans Schwier, NRW-Minister für Wissenschaft und Forschung, wollte mit einem massiven Stellenabbau und dem Einschmelzen des Studienplatzangebotes für angehende Lehrkräfte die zu hohen Bildungsausgaben senken und der drohenden Lehrerinnen- und Lehrerschwemme im Land Herr werden. Der Bielefelder Protestzug mit ca. 7.000 Demonstrierenden, der am 8. Juni 1982 von der Universität bis zum Alten Markt führte, endete mit einer Rede von Rektor Grotemeyer. In dieser kritisierte er die Landesregierung scharf: „Die Ratio der Kürzungsmaßnahmen in den vergangenen zwei Jahren ebenso wie die der jetzt bevorstehenden“, so Grotemeyer, „erschöpft sich darin, immer neue Löcher aufzureißen, um an anderer Stelle welche zu stopfen. Diese Art von Flickschusterei führt zu neuen Problemen und verschärft schon vorhandene Probleme. So kann es nicht mehr weitergehen.“
Die Parolen und Schlagworte waren mal originell, mal wenig kreativ – „LPO ins Klo“ als Protest gegen die verschärfte sogenannte Lehrerprüfungsordnung bringt zumindest die Ansicht der Studierenden treffend zum Ausdruck. Phantasievolle Happenings wechselten mit uninspirierten Demonstrationszügen, die Teilnehmendenzahlen konnten mehrere Hundert oder mehrere Tausend betragen; gemeinsam war den Streikaktionen oder Demonstrationen, dass aufgrund des gegenseitigen Respekts und Verständnisses für die Motive und Ziele der jeweils anderen Seite sowie der Kommunikationsbereitschaft zwischen Studierenden und Hochschulleitung wirkliche Konflikte an der Universität Bielefeld tatsächlich (lange) ausblieben.
Was lange währt… – die Eröffnung der ersten Uni-Kita
Der Elternverein bemühte sich jahrelang, Räume für eine Kindertagesstätte für Hochschulangehörige zu erhalten. Das entsprechende Gebäude dafür, das Atriumhaus unterhalb der Wertherstraße, stand seit Mitte der 1970er Jahre leer, wurde aber vom Regierungspräsidenten nicht freigegeben und später vom Versorgungsamt genutzt. Um die Diskussion um die fehlende Kindertagesstätte wieder neu zu beleben, veranstaltete der Verein in regelmäßigen Abständen Demonstrationen und andere Aktionen. Die Universität bat den Wissenschaftsminister, auf die Bezirksregierung einzuwirken, das Gebäude freizugeben und bot als Ausgleichsflächen für das Versorgungsamt Räume im Aufbau- und Verfügungszentrum (AVZ) an. Dieser Ringtausch ging schließlich 1983 über die Bühne. Die von der Elterninitiative getragene Kita konnte mit Beginn des Jahres 1984 starten.
Weitere Kita-Plätze benötigt
Spätestens seit Anfang der 1990er Jahre war klar, dass diese eine Kindertagesstätte bei weitem nicht ausreichte. Aus diesem Grund gab es erste Überlegungen des AStA, in Verbindung mit dem Studentenwerk eine weitere Kita zu gründen. Das Studentenwerk erklärte sich bereit, nach der Errichtung der Kita die Trägerschaft zu übernehmen. Der AStA beteiligte sich über seine Kita-AG nicht nur planerisch, sondern sogar finanziell an dem Vorhaben – 300.000 Deutsche Mark konnte er zur Gesamtbausumme zuschießen. Den Löwenanteil der finanziellen Förderung übernahm die Stadt Bielefeld. Die neue Kita, übrigens in Steinwurfweite zur anderen Kita gebaut, öffnete im April 1997 seine Pforten für 75 Kinder in fünf Gruppen.
Novum: Mitarbeitenden-Kita an einer Hochschule
Seit Sommer 2006 konnte die Universität darüber hinaus für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein eigenes Betreuungsangebot für zunächst 30 Kinder anbieten. Die Betriebs-Kita in der Jakob-Kaiser-Straße konnte über eine Zusammenarbeit mit der evangelischen Dietrich-Bonhoeffer-Kirchengemeinde realisiert werden. Die Universität war damit bundesweit die erste Hochschule, die ihren Mitarbeitenden in Wissenschaft und Verwaltung ein solches Angebot machen konnte.
Kreativität und Sport – Das Finnbahn-Meeting wird aus der Taufe gehoben
Die durch den Rindenmulchbelag gelenkschonende neue Uni-Einrichtung war auf Anregung von Prof. Dr. Dietrich Kurz, seit 1978 Professor für den Arbeitsbereich Sport und Erziehung an der Universität Bielefeld, angelegt worden. Kurz, der darauf hinwies, dass die Finnbahn allen Bielefelderinnen und Bielefeldern „per Pedes“ offenstehe, nicht aber als Ausführstrecke für Vierbeiner oder idealer Rundkurs für motorisierte Geländerennen diene, initiierte auch das am gleichen Tag erstmals stattfindende Fakultätenstaffelrennen – das Finnbahn-Meeting. Im Beisein von Grotemeyer und Kurz konnte die Mannschaft der Sportwissenschaften nach 20 Runden den von ihnen selbst gestifteten Pokal erringen.
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Quelle: Universität Bielefeld, Campus TV 2016
Kreative Namen und große sportliche Leistungen
Die Anzahl der teilnehmenden Staffeln stieg im Lauf der Jahre von sieben auf fast durchgängig über 30 und auch das Zuschauerinteresse an rennenden Mitstudierenden, Kollegen und Kolleginnen, Professoren und Professorinnen und der Universitätsleitung ist enorm gewachsen. Viele Staffeln gehen in teilweise schrillen Outfits oder mit für eine Hochschule angemessen geistreichen und selbstironischen Namen an den Start: „Schneller als sie denken“ (Zentralverwaltung) läuft gegen die „Nervenbündel“ aus der Biologie, „Achill und die Schildkröten“ aus der Philosophie messen sich mit den „Health Angels“ aus den Gesundheitswissenschaften.
1993 stellten die „μden Quanten“ aus der Physik einen Bahnrekord auf, der gleichzeitig zeigte, dass neben sehr viel Spaß auch Ernst und Ehrgeiz zum Finnbahn-Meeting gehören konnten. Der Seriensieger aus der Physik setzte zum ersten (aber nicht zum letzten Mal) einen Hermannslaufgewinner ein und aus anderen Hochschulbereichen war zu hören, dass über Nacht durch enormen finanziellen Einsatz aus schnellen, aber universitätsfernen Läufern laufberechtigte Gasthörer wurden, um die begehrte Trophäe zu ergattern.
Frauen im Zentrum der Forschung – Eröffnung der IFF
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Fotograf: Manfred Kettner
Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld
Die Entstehung der IFF lässt sich bis zu einer Initiative im Jahr 1975 zurückverfolgen, als Frauen den Anstoß zu Frauenseminaren an der Bielefelder Universität gaben. Auf Anregung des Rektors Prof. Dr. Karl Peter Grotemeyer wurde im Mai 1980 ein ZiF-Kolloquium zur Errichtung eines Universitätsschwerpunktes Frauenforschung veranstaltet, an dem auch Prof. Dr. Reimut Jochimsen teilnahm, der damalige Minister für Wissenschaft und Forschung des Landes NRW. Aus diesem Kontakt ergab sich die Fördermöglichkeit für eine Geschäftsstelle für Frauenforschung zur Errichtung eines Universitätsschwerpunktes Frauenforschung.
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Fotograf: Manfred Kettner
Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld
Neuer Name für ein neues Zentrum
1987 wurde die dauerhafte Verankerung der Forschungsgruppe durch den Senat der Universität Bielefeld beschlossen. Durch ein neues Hochschulgesetz konnte die Frauenforschung in der damaligen Form jedoch nicht mehr weitergeführt werden. Entstanden ist daher die zentrale wissenschaftliche Einrichtung der Universität, zunächst unter dem Namen Interdisziplinäres Frauenforschungszentrum. 2004 erfolgte die Umbenennung in Interdisziplinäres Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung, 2016 schließlich in Interdisziplinäres Zentrum für Geschlechterforschung (IZG).
Die Aktivitäten des Zentrums richten sich auf die Akzentuierung, Förderung und Durchführung von Geschlechterforschung mit einer interdisziplinären Perspektive. Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern sind dabei ebenso Thema wie Differenzen innerhalb der Geschlechtergruppen.
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Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FS 233
Zeltest du noch oder wohnst du schon?
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Fotografin: Helga Wehmeyer
Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FOS 01104
Bielefeld war mit diesem Problem in der Bundesrepublik allerdings nicht allein. Fast ausnahmslos alle Hochschulstädte hatten Probleme mit studentischer Wohnungsnot. Während die Studierendenzahlen immer weiter stiegen, wurden die Bundesausgaben für studentischen Wohnungsbau gesenkt. In Bielefeld konnte zumindest die Westfälisch-Lippische Universitätsgesellschaft durch ihre Beteiligung am Neubau von Studierendenwohnraum am Lohmannshof die Not etwas lindern. Allerdings ist dieses Thema in Zeiten steigender Mieten gerade in Ballungsräumen immer noch hochaktuell.
Die größten Probleme bei studentischer Wohnungssuche haben sich seit den 1980er Jahre nicht geändert: Vielfach lag damals die Miete für Studierende in unerschwinglicher Höhe oder es wurden von Vermieterseite unzumutbare Forderungen aufgestellt. Die offiziellen Wohnheimplätze reichten zur Zeit der „Zeltstadt“ gerade einmal für knapp 10 % der Studierenden (1.217 Wohnheimplätze bei ca. 12.000 Studierenden). Mehr als 35 Jahre später ist diese Quote immer noch aktuell (2.447 Plätze bei ca. 24.500 Studierenden). Trotzdem hat sich die Wohnsituation für Studierende seit dem Protest des AStA mit Zelten auf dem Universitätsgelände entspannt, da mittlerweile deutlich mehr Wohnungen von Privatpersonen an Studierende vermietet werden als Anfang der 1980er Jahre.
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Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, PL 3/184
„Keine Wohnung, kein Geld – wir leben im Zelt“
Ab dem 30. April 1992 kam es erneut zu einer „Zeltstadt“ auf dem Universitätsgelände. Auf der Wiese neben dem universitären Heizkraftwerk siedelten sich 30 Studierende, Auszubildende und Arbeitslose an. In einem Flugblatt klagte die Gruppe „Keine Wohnung, kein Geld – wir leben im Zelt“. Das Pamphlet forderte den damaligen Oberstadtdirektor Jürgen Heinrich auf, für angemessene Mengen bezahlbaren Wohnraums in Bielefeld zu sorgen. Sie schlossen mit dem altbekannten politischen Slogan „friede den hütten – krieg den palästen“. Die Zelte standen bis Ende Juli auf dem Universitätsgelände, jedoch änderte sich die Belegung komplett: In der Endphase war kein Mitglied der Initialgruppe der dezidiert politisch gemeinten Aktion mehr dabei, sondern ausschließlich andere Wohnungslose. Diese wurden im Anschluss an das Camp von der Stadt in Obdachlosenunterkünfte und Sozialwohnungen vermittelt.
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Fotograf: Klaus Halbe
Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FOS 01133
Das „Märchen von der PH-Integration“
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Quelle: Universitätsarchiv Bielefeld, FS 24
Die Integration beendete 1980 formal einen Prozess, der seit 1978 enorme Ressourcen an der Pädagogischen Hochschule (PH) und der Universität gebunden hatte. Insbesondere auf Seiten der PH gab es Vorbehalte gegen die Zusammenlegung: Zwar sah man ein, dass die Integration eine notwendige Neuordnung der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung und eine Anpassung an die Erfordernisse der Gegenwart bewirkte. Man befürchtete jedoch auch, dass durch den Abbau von Überkapazitäten in erster Linie Einsparungen erzielt werden sollten und die Belange der Fachdidaktik und die Lehrerinnen- und Lehrerausbildung der Primarstufen in einer nach Fachwissenschaften organisierten, forschungsorientierten Universität zu stark in den Hintergrund treten würden.
Auch auf Seiten der Universität gab es Stimmen, die vor Verteilungskämpfen und einer Verwässerung der Wissenschaft warnten. Erich-Christian Schröder, bis zur Integration Rektor der PH und anschließend Prorektor für Lehre an der Universität, bezeichnete rückblickend die Integration in Bielefeld, im Gegensatz zu anderen Hochschulstandorten, als geglückt. Dies habe unter anderem am Aufbau des seinerzeit einzigartigen Zentrums für Lehrerbildung (ZfL, heute BiSEd) gelegen. Die vergleichsweise kleine Universität, die ihren eigenen Aufbau selbst noch nicht vollständig bewerkstelligt hatte, veränderte sich durch die Integration stark: Die Universität wurde größer und überschritt nach der Übernahme von 2.100 Studierenden – neben 148 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern (davon 56 Professorinnen und Professoren) und 78 nichtwissenschaftlichen Mitarbeitenden – die ursprünglich festgelegte maximale Studierendenzahl von 10.000 Studierenden. Die Universität wurde auch bunter und das nicht nur durch die Studierenden der „Himmel und Erde“-Fakultät (formal: Fakultät für Theologie, Geographie, Kunst und Musik), die der Universität eine musisch-künstlerische Komponente hinzufügten.
„Die PH geht baden“
Während im Düsseldorfer Landtag am 23. Januar 1980 die Zusammenführung beschlossen wurde, inszenierten Studierende und Lehrkräfte der PH Bielefeld im Uni-Schwimmbad ein „Märchen von der PH-Integration“ unter dem Motto „Die PH geht baden“. Dabei wurde die Bildungspolitik im Allgemeinen und die „PH-Auflösung“ im Besonderen glossiert: Beim Kampf um Studienplätze, durch vom „Finanzminister“ ins Wasser geworfene Gummiringe dargestellt, blieben die ersten Studierenden auf der Strecke, oder besser: im Wasser. Nach einem Beschluss der Minister, erkennbar an schwarzen Anzügen, die Lehrerinnen- und Lehrerbildung um 50% zu kürzen, landeten weitere Studierende im Schwimmbecken. Ein Taucher, der auf die Suche nach der vielzitierten Lehrerschwemme ging, fand indes nur Tafelschwämme. Dann stürzten die Minister Reformelemente vom Dreimeterturm in die Tiefe und schubsten protestierende Studierende – zunächst waren es nur vier – unter Buh-Rufen der anderen ins Becken. Unterstützung fanden die Minister dabei von einer unschwer als Verfassungsschützer zu erkennenden, vermummten Gestalt, die im Schwimmbad herumsprang und die Studierenden observierte und fotografierte. Doch am Ende des Märchens wendete sich das Blatt: Die bis dahin trockenen Minister – einer trug plötzlich eine Narrenkappe – und Verfassungsschützer wurden von den Studierenden ins Wasser geworfen, während man die Elemente einer qualifizierten Lehrerinnen- und Lehrerausbildung und ausreichende Studienplätze wieder an Land zog.